Wie Sie mit Hilfe der Verkaufspsychologie mächtige Getränke- und Speisekarten entwickeln (und die Kassen zum Klingeln bringen), ist Thema unseres Artikels. Wir haben elf Tipps für Sie zusammengestellt.

Jedem von uns ist klar: Speisekarten kommunizieren weitaus mehr als nur ein kulinarisches Angebot und entsprechende Preise. Die Getränke- und Speisekarte ist die Visitenkarte eines jeden Lokals. Egal, ob schäbige Spelunke oder Sterne-Restaurant: Durchdachte und ansprechende Karten verkaufen besser. Die gute Gestaltung, Druck- und Papierqualität entscheiden mit darüber, wie wir ein Lokal wahrnehmen und was wir bereit sind für einen schönen Aufenthalt zu bezahlen. Darüber hinaus gibt es aber auch viel subtilere Methoden, die zu mehr Umsatz in der Gastronomie führen. In diesem Artikel geht es um Verkaufspsychologie. Die folgenden elf Speisekarten-Tipps lassen sich natürlich auch auf andere Branchen und Preislisten übertragen.

Inhalt

1. Die Macht der Worte

Worte sind mächtig, denn diese erzeugen Bilder, Emotionen und Erwartungen in unseren Köpfen. Es liegt auf der Hand, dass wir eher zu einem Produkt greifen, welches mit schönen Worten beschrieben wird und etwas Positives in uns auslöst. Teure und/oder für den Wirt lukrative Gerichte und Getränke sollten daher immer ausführlich, emotional und ruhig blumig beschrieben werden. Eine höhere Preisbereitschaft und bessere Absatzzahlen sind fast garantiert.

Und hier auch gleich der Beweis

Sie haben eine Verabredung mit einem Menschen, den Sie für sich gewinnen möchten. Sie sitzen bei Kerzenschein und romantischer Musik in einem italienischen Restaurant Ihrer Wahl. Steigt Ihre Preisbereitschaft bei Text A oder B?

Speisen

A. Spaghetti mit Tomatensoße und Parmesan
B. Frische italienische Spaghetti mit einer Soße aus sonnengereiften Tomaten aus San Giorgio Piacentino. Serviert mit einem nach Nüssen und Kräutern duftenden Parmigiano Reggiano extra stravecchione aus der Region Emilia-Romagna.

Getränke

A. Hauswein, rot
B. Ein Glas Rotwein „Oreno 2015 IGT“ aus Tenuta Sette Ponti. Herrlich duftend nach roten Beeren, Lakritze, Rauch und Röstaromen. Reif, schwer und samtig im Geschmack.

B. Genau!

Natürlich muss hier das richtige Maß gefunden werden. In einem günstigen Restaurant wirken derartige Beschreibungen sicherlich deplatziert. In der gehobenen Gastronomie hingegen können gute Texte ein echter Umsatzbringer sein. Aber alles ist besser als „Hauswein, rot“ oder „Spaghetti mit Tomatensoße und Parmesan“.

Beachten Sie die gesetzlichen Vorgaben bei der Gestaltung von Speisekarten – wie die Pflicht zur Kennzeichnung bestimmter Zusatzstoffe und Allergene in der Lebensmittel-Informationsverordnung.

2. Die Macht der Währung

Wer weniger über Geld nachdenkt, der ist bereit, mehr auszugeben. So einfach ist das. Erkenntnisse aus der Preispsychologie zeigen, dass Preise auf uns niedriger wirken, wenn diese ohne das Währungszeichen angegeben werden. Weisen Sie stattdessen in einer Fußnote darauf hin, in welcher Währung der Gast seine Zeche zu zahlen hat.

Lassen Sie das Währungszeichen weg. Wer weniger über Geld nachdenkt, der ist bereit, mehr auszugeben.

Weisen Sie stattdessen in einer Fußnote darauf hin, in welcher Währung der Gast seine Zeche zu zahlen hat.

Beachten Sie bei der Gestaltung Ihrer Speisekarten die gesetzlichen Bestimmungen – wie zum Beispiel die Preisangabenverordnung. Preise müssen inklusive Umsatzsteuer als Gesamtpreise angegeben werden.

3. Die Macht der Reduktion

Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen ist. Aber wenn ein Restaurant ein zu großes Angebot an unterschiedlichen Speisen verspricht, dann vermute ich Dosen- und Tiefkühlkost. Eine übersichtliche Karte hingegen suggeriert Frische und Professionalität.

Setzen Sie auf eine überschaubare Auswahl.

Eine kleine Auswahl hat außerdem einen weiteren Vorteil: Wir können uns schneller entscheiden und haben nicht das Gefühl, das „falsche“ Gericht bestellt zu haben. Ist die Auswahl klein, bestärkt uns dies in unserer Entscheidung, da wir einfach weniger Wahlmöglichkeiten haben.

4. Die Macht der Position

Nicht nur in Zeiten verringerter Aufmerksamkeitsspannen wählt der Gast häufiger die ersten Positionen auf einer Karte. Sie können jedoch beobachten, dass die günstigsten Gerichte oft ganz oben auf einer Speisekarte zu finden sind. Ein kostspieliger Fehler! Die teuersten – oder besser noch, die lukrativsten – Angebote gehören also ganz nach oben. Ein sehr einfacher und lohnender Trick.

Lukrative Produkte gehören an den Anfang der Speisekarte.

5. Die Macht der Einheiten

Bei einem Restaurantbesuch ist das Gericht oder eine Portion unsere Einheit. Eine Lasagne = 12,00 Euro. Passt! Wenn Sie aber eine andere Einheit einführen und bepreisen, dann verlieren wir schnell das Gefühl für den tatsächlichen Preis. Das Gericht erscheint dann auf den ersten Blick deutlich günstiger, da diese Einheit für uns ungewohnt ist.

Wenn Sie den Preis pro 100 Gramm oder aber bei teuren Produkten, wie z. B. Kaviar, pro Dekagramm angeben, dann sieht die Rechnung ganz anders aus:

36,00 Euro für 300 Gramm Steak wirken deutlich teurer als 12,00 Euro für 100 Gramm, auch wenn schlussendlich 300 Gramm bestellt werden.

Das Einführen neuer Einheiten passt sicherlich nicht zu allen Speisen und Restaurants. Bei Fisch, Fleisch, Käse oder beim Kaviar jedoch gilt: kleine, ungewöhnliche Einheiten führen zu mehr Umsatz.

6. Die Macht des Ankers

Es ist ratsam, ein paar sehr teure Gerichte und Getränke zu offerieren. Diese Positionen werden zwar selten bestellt, erfüllen jedoch eine unterschätzte Funktion in der Preiswahrnehmung: Neben einer Flasche Champagner für 500,00 Euro und Kaviar für 300,00 Euro erscheint der Preis für das Glas Wein zu 8,00 Euro und die Kugel Eis für 5,00 Euro geradezu lächerlich gering. Ankereffekt wird dieses mächtige Phänomen genannt, das bei allen Menschen zu wirken scheint.

Profitieren Sie vom Ankereffekt: Ein paar sehr teure Produkte gehören auf jede Karte.

7. Die Macht der Hervorhebung

Auffällig dargestellte Produkte werden nachweislich häufiger bestellt. Eine größere Schrift, eine kluge Platzierung oder ein simpler Rahmen können dabei helfen, lukrative Produkte zu Umsatzbringern zu machen.

Stellen Sie lukrative Produkte auffällig dar.

Möglich sind auch separate Karten, z. B. mit Tagesempfehlungen. Die werden einfach mit in die Karte gesteckt oder auffällig präsentiert.

Tipp

Wir stellen Ihnen kostenlose Vorlagen für Menükarten für Ihre Aktionen, Tagesempfehlungen und Events zur Verfügung.

8. Die Macht der Herde

Der Mensch ist ein Herdentier. Wir konsumieren, was unsere Mitmenschen gut finden. Dieser Effekt nennt sich in der Psychologie „soziale Bewährtheit“ und er funktioniert gut. Schließlich bestellen wir lieber Produkte, die zuvor von anderen positiv getestet (und bewertet) wurden.

Um den Abverkauf anzukurbeln, wählen Sie daher Begriffe wie:

„Die 3 beliebtesten Gerichte unserer Gäste.“
„Die meisten Vegetarier wählen…“
„Steak-Liebhaber lieben unsere…“
„Die beliebtesten Speisen des Monats sind…“
„Die Weinkenner unter unseren Gästen bestellen gerne…“

Für eine optimale Wirksamkeit sollten diese Empfehlungen in der Karte hervorgehoben werden. Auch Tafeln im Gastraum sind hierfür super geeignet.

9. Die Macht der Plaste

Wenn wir uns nicht physisch von Geld trennen müssen, sind wir bereit, mehr davon auszugeben. Plastikgeld in Form von Kreditkarten kann also nachweislich zu mehr Umsatz führen. Zudem zahlen viele Firmenkunden gerne mit Karte.

Für Gastronomen kann es daher eine Überlegung wert sein, die Zahlung per Kredit- und EC-Karte anzubieten. Wird die Kartenzahlung akzeptiert, dann ist es ratsam, ausdrücklich darauf hinzuweisen und die Logos der bekannten Kartenunternehmen abzubilden. Und zwar nicht nur auf den Getränke- und Speisekarten, sondern überall im Sichtbereich des Gastes.

Wenn wir uns nicht physisch von Geld trennen müssen, steigt die Bereitschaft, mehr davon auszugeben.

10. Die Macht der Unordnung

Gestalter und Grafiker legen bei Ihrer Arbeit Wert auf Klarheit und Übersichtlichkeit. Das ist auch gut so, freut aber nicht unbedingt den Wirt. Preisbewusste Kunden können sich, sofern die Preise fein säuberlich untereinander angeordnet sind, sehr leicht für das günstigste Angebot entscheiden. Nimmt man ihnen diese Möglichkeit, fällt die Wahl nicht unbedingt auf das kostengünstigste Gericht oder Getränk. Hier reicht es vielleicht schon, wenn Sie auf verbindende Linien zwischen der Beschreibung der Gerichte und den entsprechenden Preisen verzichten.

Die Preisangaben können aber auch im Text „versteckt“ werden, was die Vergleichbarkeit weiter reduziert.

Weglassen dürfen Sie die Preise nicht! Wenn Speisen und/oder Getränke angeboten werden, ist die Angabe der Preise in Preisverzeichnissen Pflicht.

Beachten Sie die gesetzlichen Vorgaben in der Preisangabenverordnung. Laut Paragraf 7 sind die Preise jedem Gast vor der Aufnahme der Bestellung vorzulegen bzw. müssen gut lesbar angebracht sein.

11. Die Macht des Priming

In der Psychologie steht der Begriff „Priming“ für die (subtile) Beeinflussung unseres Denkens bzw. Handelns. Nichts entsteht aus dem Nichts heraus. So ist es auch mit unseren Gedanken, unseren Gefühlen und mit unserem Handeln. Diese Dinge entstehen aus einem Kontext heraus und damit aus etwas Vorherigem. Beim Priming wird von dieser Tatsache Gebrauch gemacht und versucht, durch Reize Gedanken zu manipulieren.

Möchten wir beim Gast also erreichen, dass er die Preise als niedrig wahrnimmt, dann können wir beispielsweise folgende Wörter benutzen:

reduziert
wenig
klein
gering
oder verringert 

Diese Bezeichnungen sollten nicht direkt neben den Preisen stehen, sondern im beschreibenden Text der Gerichte und Getränke eingearbeitet werden. Damit schaffen Sie die Illusion, dass alles — auch die Preise — niedrig sind.

Zusammenfassung und Fazit

Es gibt einige psychologische Kniffe für Getränke- und Speisekarten, die den Umsatz in der Gastronomie ankurbeln können. Neben vertrauten und offensichtlichen Aspekten wie eine gute Gestaltung, Papier, Druck, Veredelung und Weiterverarbeitung gibt es subtilere Methoden, die Sie in Ihrem nächsten Gastronomie-Projekt einbringen können.

Die elf Speisekarten-Tipps auf einen Blick

      1. Beschreiben Sie die Produkte ausführlich und lebendig. Erzeugen Sie Bilder in den Köpfen der Gäste.
      2. Verzichten Sie auf Währungszeichen.
      3. Bringen Sie Ihre Kunden dazu, nur wenige Produkte anzubieten.
      4. Teure und/oder lukrative Produkte gehören dahin, wo der Gast sie zuerst sieht. Nach oben!
      5. Verwenden Sie andere Einheiten. Beispiel: Gramm statt Gerichte.
      6. Ein paar sehr teure Produkte gehören auf die Karte. Nutzen Sie den Ankereffekt.
      7. Heben Sie teure und/oder lukrative Produkte hervor.
      8. Nutzen Sie den Herdeneffekt und präsentieren Sie die Verkaufsschlager.
      9. Bietet der Wirt die Zahlung mittels EC- und Kreditkarten an, kommunizieren Sie dies großzügig und auffällig.
      10. Setzen Sie Preise so, dass diese nur schwer miteinander vergleichbar sind.
      11. Verwenden Sie in den Texten Wörter wie reduziert, wenig, klein, gering oder verringert. Die Bedeutung strahlt auf die Preiswahrnehmung ab.

Einige der dargestellten Speisekarten-Tipps sind diskutierbar. Hier müssen Sie den Einsatz persönlich und ggf. in Zusammenarbeit mit Ihrem Auftraggeber abwägen. Beachten Sie stets die gesetzlichen Vorgaben.

Außerdem ist nicht jeder Speisekarten-Tipp für jedes Lokal geeignet. Übertreiben Sie nicht und wägen Sie genau ab, ob die ausgewählten Methoden tatsächlich zu Ihrem Betrieb, zur Preisgestaltung und zur Zielgruppe passen. Ein kleiner „Boost“ dürfte aber wohl keinem Restaurant schaden.

Bildquellen:
Tama66 (Peter H) via Pixabay